KI macht Filmwirtschaft: Art imitates Art

KI könnte nicht nur im Konsum von Filmen und Serien eine völlig neue Ära einläuten, sondern auch in der Produktion. Wenn KI in naher Zukunft personalisierte Filme und Serien quasi auf Knopfdruck produzieren kann, stellt sich auch die Frage, was das für alle an der Produktion beteiligte Personen bedeutet.

Wenn SchauspielerInnen, RegisseurInnen, Kameraleute, AusstatterInnen ihre charakteristischen Fähigkeiten für KI-Produktionen in digitaler Form abspeichern, und dann verleihen oder verkaufen, wird audiovisuelles Entertainment absolut individuell. Wer sich ein anderes Ende für Game Of Thrones wünscht, kann es sich von der KI generieren lassen. Auch das Alter der SchauspielerInnen spielt keine Rolle mehr, da die KI jedes mögliche Alter generieren kann und auch verstorbene Personen können nun neue Rollen ergattern. Also deren Erben. Ob Casablanca als Serie mit den Original-Darstellern nun eine Horrorvision ist oder amüsant sein kann, sei dahin gestellt. Die KI wird so etwas sicher bald in Windeseile erstellen können. Auch die Wandlungsfähigkeit einer Schauspielerin oder eines Schauspielers wird dann zur Option: dank KI kann jede und jeder völlig against type besetzt werden. Muhaha oder so.

Diese Innovation ist zweifellos faszinierend, wirft aber zahlreiche Fragen auf: Was bedeutet das für unsere Kultur und welche gesellschaftlichen Folgen hat das? Was wird aus den tausenden hochspezialisierten Arbeitsplätzen in der Filmindustrie? Kann der Stil eines Regisseurs wirklich so einfach via KI nachgeahmt werden? Kann KI die Genialität einer ganz speziellen Kamera-Arbeit nachahmen oder die Subtilität oder Wucht einer guten Filmmusik? Was sind die ethischen Komponenten?`Oder ist die eigentliche Frage nur: Wann?

Und was wird aus all den SchauspielerInnen, die womöglich nur noch für einen einzigen Dreh vor die Kamera müssen – den Dreh der ihre volle Bandbreite aufnimmt, die dann jederzeit per KI angepasst werden kann. Dafür soll man Jahre an Übung und Studium hinter sich bringen, verbunden mit enormen Kosten? Wohl kaum. Oder vielleicht doch?
Wer verwaltet diese semi-virtuellen Darsteller und gibt es dann noch so etwas wie eine Karriere, eine Entwicklung oder wird dadurch Raum und Zeit quasi aufgelöst und wir können Anthony Hopkins in Tagesfrist als Greis, jugendlichen Liebhaber und Teenager in Blockbustern sehen, oder killt diese Entwicklung den Blockbuster?

Große Filme für ein breites Publikum wird es wahrscheinlich weiterhin geben, allein schon als identitätsstiftende Maßnahme,  für Analysen und Diskussionen. Vielleicht ergibt die viele freie Zeit der SchauspielerInnen einen neuen Boom für das Theater oder es wird einfach jeder und jede „SchauspielerIn“, denn wer hindert mich denn, meinem Aussehen das Talent eines John Malkowich oder Gary Oldman umzuhängen und diesen Hybrid dann Hamlet spielen zu lassen, es wäre wohl nur eine Frage der Kosten und  welchen der wahrscheinlich bald entstehenden Virtual Actor Services ich nutze. Tatsächlich tun sich gerade so viele Möglichkeiten auf, dass Prognosen einfach nur völlig spekulativ sein können.

Daher 3 rein hypothetische Prognosen:

* Unterhaltung in Klassen: Echte SchauspielerInnen und RegisseurInnen werden nur noch was für dicke Geldbörsen, die Ticketpreise werden explodieren, während sich die breite Masse mit billig selbst gepromptetem Mutantertainment einlullt. Die teuerste Königsdisziplin wäre dann natürlich das Theater, mit in der Folge möglicherweise völlig überteuerten Kartenpreisen.

* Kapitalistische Konzentration: Die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung der Kapitalkonzentration in den Händen einiger weniger wird sich auch hier zeigen: eine kleine Elite von ein paar hundert SchauspielerInnen und Filmcrews werden nach wie vor teure Filme und Serien produzieren, während eine immer größere Mehrheit derselben Professionen das Handwerk nur noch als Hobby betreiben wird können. Zur kellnerierenden Schauspielerin gesellt sich dann der kochende Director und die abwaschende Kameraperson.

* Kinosäle bleiben: Neben den nach wie vor bestehenden Blockbustern werden im Rahmen von Publikumsvotings Filme von KI-PrompterInnen für Aufführungen gewählt. Wer gewinnt, dessen gepromptetes Werk wir d aufgeführt , in IMAX und Dolby Surround. Oder man mietet einen Saal für den persönlichen Geburtstagsfilm, was auch eine neue Dimension in der Quälerei von Freunden und Verwandten bedeutet.

Die Filmwirtschaft steht vor einer epochalen Transformation. Ob diese Entwicklung zu einer Verarmung oder einer neuen Blüte der kreativen Vielfalt führt, hängt davon ab, wie die Branche auf diese Herausforderungen reagiert und wie sie es schafft, menschliche Kreativität und technische Innovation in Einklang zu bringen.

 

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